Donnerstag, 12. April 2007

digital ethnography

ich will das jetzt mal unakademisch versuchen, denn ich habe keine lust, mich selbst zu langweilen, aber eins ist doch klar:

das netz hat porn endgültig zu einem substantiellen teil unserer massenkulturen gemacht, wenn auch leider ohne bedeutendes entwicklungspotenzial. es differenziert sich nur aus und wächst in kaum vorstellbarem maße. porn macht mode (auch wenn das französische label SHAI seinen sehr expliziten modekatalog wieder aus dem Netz genommen hat), porn wird studiert, porn wird jederzeit in täglichen 36-häppchen verfügbar konsumiert (diesen link NICHT im büro anklicken) wie eine tageszeitung, besser: wie ein filterkaffee am nachmittag: erleichternd, belanglos, manchmal nötig, schal. und porn ist mindestens so 2.0 wie das netz selber: wir sind porn. es gibt kein drittes anderes, es gibt keine kontrolle, es gibt keine verschwörung.

denn - und das ist der zweite punkt: wir sind die medienproduzenten unser eigenen existenz. wir sind Truman, wir machen die Show. wir sind EdTV, wir sind der minutenaktuelle cnn-journalist, eingebettet in uns selbst.

wird ent-essentialisieren die kunsttradition zweier jahrhunderte, in denen die inszenierung der eigenen biographie ein berufszweig des künstlers oder eine aufgabe des zeugen wurde. wir überführen die notwendige selbstverortung in einem sozialen netz in die simulation einer kommunikation durch die maschine. unser sicherheitsabstand, unser schutzradius von einem zu anderthalb metern, er ist jetzt der bildschirm, die kamera, die tastatur. wir tauschen ihn ein und verlagern das schamgefühl ins nichts. vor einer maschine gibt es keine scham. in diesem sinn ist eine maschine wie ein haustier.

das gesagt, stehen sie schon an der ecke: die ethnographen des digitalen, und beginnen das gebet einer neuen heilsgeschichte.



P.S.: dies ist übrigens kein YouTube-Werbevideo, sondern die arbeit einer forschergruppe. offenbar muss man sich hier für pathos nicht entschuldigen. tatsächlich gibt es schlimmere vergehen als dieses.

also können wir ruhig noch ein kleines webberwonderland-video zeigen. dieses hat sogar einen gewissen didaktischen wert:



ach so, und dass unsere gesellschaft von porn durchsetzt ist, weiss natürlich auch die literatur. da wird im heutigen berlin mitte (dem die duden-redaktion in ihrer neuesten ausgabe verboten hat, von sich selbst als 'szene' zu sprechen) artig in der gebetsmühle gevögelt und ... ach, eigentlich wurde (da: in der literatur) schon immer gevögelt.

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