Donnerstag, 31. August 2006

nachricht aus der wiege der menschheit

seit einigen wochen ist mein guter freund josef nees als arzt in äthiopien, er wird dort noch bis april nächsten jahres bleiben. heute hat er mir und anderen einen ersten bericht von dort geschickt. ich habe den text nur leicht gekürzt:


ich kam hierher und hatte keine ahnung was dieses hier eigentlich ist. in meinen geistigen archiven fand sich nichts als"aermstes land der welt" und " hungersnot".

fast 4 wochen bin ich nun hier und ich weiss noch immer nicht wo ich bin. dieser ort ist in fast jeder beziehung fern dem mir bekannten und er fasziniert mich wie mich nur aeusserst selten irgendetwas in seinen bann gezogen hat.

dieses uralte abessinien existiert in grossen teilen jenseits unserer zeit. dieser raum mit seinen computern ist eine der wenigen verbindungen in die 90er jahre des letzten jahrhunderts. vor seiner tuer liegen die vergangenen jahrhunderte, nein, jahrtausende.

es ist ein archaisches land. es ist ein kulturland ohnegleichen. es ist nicht zuletzt die wiege der menschheit.
als ob die zeit hier etwas anderes waere als bei uns. keine kette, in der sich die ereignisse und neuerungen aufreihen und gewesenes langsam im nebel entschwinden lassen. sondern eine wiederkehr des immer gleichen. ein grosses fass in welches alles hineinfaellt um dann das immer gewesene und in seiner essenz immer geleiche zu bezeugen.

wenn ich am morgen zur arbeit laufe ist der wegrand gesaeumt von menschen und tieren. schwer beladene eselchen , getrieben von in weissen laken gewandten gestalten von denen nur die nackten fuesse, die haende und die augen zu sehen sind. frauen mit tonkruegen auf dem kopf und kindern auf den ruecken gebunden. kuehe und schafe. kaffeeduft steigt in die nase.

die menschen: fast ausnahmslos sauber, die tuecher bluehendweiss. hoefflich, friedfertig, kultiviert. sie stroemen mir des morgends entgegen wie aus maerchen aus 1001 nacht. und ebenso wenn der abend kommt. den ganzen tag scheinen sie auf der strasse zu verbringen, um einen auftrag bemueht der eine mahlzeit sichert...schuheputzen, ein paar karotten oder kartoffeln verkaufen, irgendwem irgenwie fuer einen Birr zu diensten sein oder etwas zu ersteigern um es ein wenig teurer weiterzuverkaufen. fleissige menschen die immerzu auf ihre kleine chance warten.

ich bin gut hier angekommen und moechte im jetzt auch nirgendwoanders sein als hier. hier im land von moslems, christen , juden und rastafari. hier im land in dem der nil seinen ursprung nimmt. in dem land der vielen voelker und ueber 80 sprachen...hat der biblische gott die babylonier hier ihre heimstatt finden lassen nachdem er ihre sprachen verwirrt und ihren turm zusammenbrechen lies? hier wo sich christliches und asiatisch hinduistisches brauchtum auf wundersame, unerwartete weise die haende reichen.

kauft euch ein buch ueber aethiopien und last euch ein wenig von mir anstecken. dies ist nicht nur eines der aermsten laender sondern auch eines der reichsten. hier hat man schon hoechste kultur gepflegt als wir germanen noch auf den baeumen sassen. und man pflegt sie immer noch waehrend wir die unsere schon wieder vergessen.

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